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30 Jahre Konkret CD
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Da staunt der Laie 21. Januar, "Süddeutsche
Zeitung": Die späte Verhaftung des
mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ladislav Niznansky ist für den
juristischen Laien erstaunlich. Fast sechs Jahrzehnte ist es her,
daß der gebürtige Slowake, der jahrzehntelang in München lebte und
1996 eingebürgert wurde, an zwei Massakern beteiligt gewesen sein
soll. In der damaligen Tschechoslowakei wurden die Morde der
Spezialeinheit "Edelweiß", die nach der NS-Ideologie Juden
automatisch als Partisanen behandelte und erschoß, 1962 und 1963 in
zwei Prozessen aufgearbeitet. Niznansky wurde wegen seiner tragenden
Rolle bei den Erschießungen von den slowakischen Richtern in
Abwesenheit zum Tode verurteilt. Wie viele andere Kollaborateure
konnte er unbehelligt im Exil leben und - Ironie der Geschichte -
für den US-Radiosender "Free Europe" als Journalist arbeiten.
Wer immer statt Schäuble nominiert
wird, es wird wohl eine Frau sein, ob Annette Schavan oder Cornelia
Schmalz-Jacobsen.
"Die Zeit" am Tag nach der
Nominierung von Horst Köhler
Bandenwerbung 27. Januar, "Hamburger
Abendblatt": Die FDP-Spitze wirbt in
einem Faltblatt an 62.000 Parteimitglieder offen für die private
Krankenversicherung DKV und empfiehlt den Liberalen sogar präzise
den "Tarif EKV", der stelle "eine gesunde Lösung" dar. Das Faltblatt
unter dem Titel "Gestalten Sie jetzt Ihre eigene Gesundheitsreform"
ist dem Dreikönigsbrief von Guido Westerwelle beigelegt.
FDP-Sprecher Martin Kothé kann daran nichts Ungewöhnliches finden.
"Das sind Formen von Sponsoring, wie sie seit Jahren in der Politik
üblich sind."
Asiatische
Reproduktionsweise 5. Februar, "Westdeutsche Allgemeine
Zeitung": Die Bochumer Polizei hat eine
mutmaßliche Mörderbande ausgehoben. Acht Männer, vier davon in Herne
lebend, sollen fünf Menschen erschossen haben. Der Hintergrund:
Streitigkeiten auf dem Drogenmarkt. Die Morde, von denen die Polizei
am Mittwoch berichtete, sind an Kaltblütigkeit kaum zu überbieten.
Sie wirken wie Hinrichtungen. Alle Verbrechen ordnet die Polizei
derselben Bande zu. Sie besteht aus acht Männern im Alter von 20 bis
40 Jahren: fünf deutsche Staatsbürger kasachischer Herkunft, ein
Deutscher usbekischer Herkunft, ein Ukrainer und ein Türke. Der
sichtlich über die Brutalität erschrockene Bochumer Polizeipräsident
Thomas Wenner nannte die Morde "das Menetekel einer Entwicklung".
Sie seien "das Ergebnis einer deutschtümelnden Einwanderungspolitik
der Regierung Kohl". Und: "Irgendwann kommt das Faß zum Überlaufen."
Wenner sprach von einer Gewaltbereitschaft, "die mehr asiatisch
ist". "Eine geistig-moralische Wende" müsse her.
Nürnberger Zählweise 6. Februar, "Frankfurter
Allge- meine": Ein trüber Jahresauftakt: 4,597 Millionen Menschen in
Deutschland waren im Januar erwerbslos gemeldet. Wer genauer
hinsieht, stellt allerdings fest, daß diese Zahl die Lage noch
beschönigt. Denn zu Jahresbeginn hat die Bundesagentur für Arbeit im
Handstreich 80.000 Erwerbslose aus ihrem Zahlenwerk gestrichen. Die
Agentur ist einer Gesetzesänderung nachgekommen, nach der Teilnehmer
an kurzfristigen Trainingsmaßnahmen nicht mehr als arbeitslos
gelten. Der umgekehrte Schritt wäre sinnvoller gewesen: Jeder, der
keine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt hat, sollte als
arbeitslos gezählt werden. Damit wären die Regelungen ebenfalls
vereinheitlicht worden, aber mit ehrlichem Ergebnis, nämlich sechs
Millionen Menschen auf Arbeitssuche.
Ausländer raus 12. Februar,
"Antirassistische Initiative e.V.": Die
Zahl der Flüchtlinge, die in der Bundesrepublik Asyl beantragten,
war 2003 mit 50.564 die niedrigste seit 1984. Zugleich ist die
Anerkennungsquote für politisches Asyl von 1,6 Prozent die
niedrigste denn je. Das "kleine Asyl" (Abschiebeschutz aus
politischen oder humanitären Gründen) erhielten nur noch 1,7 Prozent
der Antragsteller. Diese "erfreuliche Entwicklung"
(Bundesinnenminister Schily) ist das Ergebnis der immer restriktiver
umgesetzten Asylgesetze zum einen und der geschlossenen Grenzen des
Landes zum anderen. Die Dokumentation umfaßt den Zeitraum vom
1.1.1993 bis 31.12.2003: 145
Flüchtlinge starben auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland
oder an den Grenzen, davon allein 113 an den deutschen Ostgrenzen.
398 Flüchtlinge erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 236
an den deutschen Ostgrenzen. 121 Flüchtlinge töteten sich angesichts
ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch, vor der
Abschiebung zu fliehen. 493 Flüchtlinge haben sich aus Angst vor der
Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung
(Risiko-Hungerstreiks) selbst verletzt oder versuchten, sich
umzubringen. Fünf Flüchtlinge starben während der Abschiebung und
234 Flüchtlinge wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen
während der Abschiebung verletzt. 21 Flüchtlinge kamen nach der
Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu Tode und mindestens 361
Flüchtlinge wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär
mißhandelt und gefoltert, 57 Flüchtlinge verschwanden nach der
Abschiebung spurlos. Zehn Flüchtlinge starben bei
abschiebe-unabhängigen Polizeimaßnahmen, 309 wurden durch Polizei
oder Bewachungspersonal verletzt. 66 Menschen starben bei Bränden
oder Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte, 636 Flüchtlinge wurden
z.T. erheblich verletzt, zwölf Menschen starben durch rassistische
Angriffe auf der Straße. Durch
staatliche Maßnahmen der BRD kamen 302 Flüchtlinge ums Leben - durch
rassistische Übergriffe starben 78 Flüchtlinge.
Wir beherbergen jetzt schon 89
Nationen in unseren Justizanstalten.
Dieter Böhmdörfer, österreichischer
Justizminister
Woche der Brüderlekeit 16. Februar, "Hamburger
Morgenpost": Mit massiven Forderungen
an Langzeitarbeitslose machen jetzt die FDP und Unionspolitiker
Schlagzeilen: Sozialhilfeempfänger müßten der Gesellschaft eine
Gegenleistung erbringen, fordert FDP-Vizechef Rainer Brüderle. Er
will die Arbeitslosen künftig zum Zivildienst heranziehen: "Der
Staat unterstützt manche Sozialhilfeempfänger jahrelang. Im Gegenzug
dürfen sich Langzeitarbeitslose zum Putzen, Waschen und
Essenausfahren für alte oder kranke Menschen nicht zu schade
sein."
Bundeswehrmacht 16. Februar, "Der
Spiegel": Bundesverteidigungsminister
Peter Struck (SPD) verweigert einem Projekt zur Erinnerung an die
Opfer der Wehrmachtsjustiz jegliche finanzielle Unterstützung -
trotz mehrerer schriftlicher Bitten seines Parteifreundes Wolfgang
Thierse ... Das sieht Struck ganz anders: Die Unterstützung für das
Vorhaben sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht eine der
"Bundeswehr, die nicht in der Tradition der Wehrmacht steht".
Deutschland muß noch mehr aufwachen,
Reformen durchzuführen.
Horst Köhler, Bewerber um die
Lübke-Nachfolge
FreundInnen 16. Februar, "Der Spiegel": Helmut Kohl bedankte sich artig bei der Chefredakteurin
der linken Tageszeitung "Taz". In der Jubiläumsausgabe "25 Jahre!
Die ›Taz‹ feiert" im vergangenen September hatte die "Taz"- Chefin
Bascha Mika den Altkanzler mit einem Interview, geführt von
Kohl-Freund Kai Diekmann, Chefredakteur der "Bildzeitung", auftreten
lassen. Zu sehen war auf der Titelseite die Zeile: "Heute gibt's
Kohl" nebst einem Kohl-Porträt des Fotografen Daniel Biskup. Der
"Taz"-Aufmacher gefiel dem Altkanzler offenbar so gut, daß er das
Foto inzwischen auf seine Autogrammkarte gesetzt hat. Dies berichtet
dieser Tage Diekmann der "Taz"-Chefredakteurin stolz in einem
erläuternden Schreiben: "Und damit Sie, liebe Bascha, mir das auch
wirklich glauben, habe ich Helmut Kohl bei meinem letzten Besuch
gebeten, für Sie seine neue Autogrammkarte zu unterschreiben - der
"Taz"-Chefin vom Altbundeskanzler persönlich gewidmet ... Voilà!"
Beigelegt war eine von Kohl signierte Karte: "Für Bascha Mika -
Helmut Kohl."
Für Steinbach, zum
Glotzen 26. Februar, DPA: Der frühere tschechoslowakische Präsident Edvard
Benesch ist vom tschechischen Abgeordnetenhaus mit einem eigenen
Gesetz für seine "Verdienste um den Staat" gewürdigt worden. Die
Formulierung gilt als besondere Ehre, da sie bisher nur dem
Staatsgründer Tomás G. Masaryk zuteil geworden war.
Grüß Gott, Lenin 28. Februar,
DPA: Die Stimmung in der ostdeutschen
Bevölkerung ist so schlecht wie noch nie. Fast jeder Zweite (45
Prozent) beurteilt die eigene wirtschaftliche Situation schlechter
als noch vor fünf Jahren. Nur ein Drittel (30 Prozent) ist mit der
eigenen Lage zufrieden. Lediglich 20 Prozent geben an, sich als
"richtige Bundesbürger" zu fühlen. Nur ein Prozent der Befragten
sieht Ost und West als Einheit.
Die Doris 1 3. März, "Bild": Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf ist mächtig sauer auf
die Dienstleistungsgwerkschaft Verdi. Der Grund: Rund 3.000 Postler
hatten am Reihenendhaus des Kanzlers im Zooviertel von Hannover 20
Minuten lang gegen Kürzungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld
demonstriert. Die Kanzlergattin verfolgte die Demo zeitweise am
Fenster und mußte mitanhören, wie Verdi-Landeschef Wolfgang Denia
die Menge durch ein Megaphon anfeuerte, "Kante gegen Schröders
Politik" zu zeigen. In der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung"
empörte sich Doris Schröder-Köpf: "Das hat es meines Wissens bei
Helmut Kohl in Oggersheim nicht gegeben."
Die Doris 2 4. März, "Bild"-Rubrik "Leser schreiben in
›Bild‹": Wirklich eine Frechheit, wenn
die Armen so nah an der Villa vorbeiziehen. Leider kann nicht jeder
Postler reich heiraten. Die große Dame hätte die Rolläden
runterlassen sollen. Robert
Eucker Ich würde sagen, die verehrte
Kanzlergattin soll ihr Töchterlein und ihren Versager unter den Arm
klemmen und dahin verschwinden, wo noch kein Mensch
war. Andrea Hentsch Soso, die Kanzlerfrau ist lärmbelästigt? Zum Trost sei
ihr gesagt, daß die Mehrzahl der Deutschen täglich durch die miese
Politik ihres Göttergatten "belästigt" wird. Hans-Georg
Müller
Der Doris ihr'n Mann 4. März,
DPA: Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD) steht für Interviews mit der "Bildzeitung" nicht mehr zur
Verfügung. Regierungssprecher Béla Anda kritisierte die
Berichterstattung als "Mischung aus Häme, Hetze, Verächtlichmachung
der Akteure, garniert mit Halbwahrheiten". Anda war mehrere Jahre
lang "Bild"-Redakteur.
Steinbachs Lebensraum 5. März,
"Freitag": Was für eine Art von
Vertriebene ist die Vertriebenenpräsidentin denn eigentlich? Die
"Süddeutsche Zeitung" behauptet, daß ihre "Familie am Ende des
Zweiten Weltkriegs ihre Heimat verlassen" mußte. Erika Steinbachs
Eltern stammen nun allerdings aus Hanau und Bremen. Vertrieben
wurden sie zusammen mit der 1945 zweijährigen Erika aus dem
polnischen Rumia, wo ihr Vater als Besatzungssoldat seinen
Wehrmachtsstandort hatte. Wenn alle in solche alte Heimat
zurückkehren, die unter Hitler das "Generalgouvernement" besetzten
und ihre Nachkommen dazu, dann darf sich Polen bei seinem Beitritt
zur EU auf einiges gefaßt machen.
... und bei dem Satz bleibe ich: Das
Einsatzgebiet der Bundeswehr ist grundsätzlich die gesamte
Welt.
Peter Struck, Nachfolger
BPK schlägt sich, BPK verträgt
sich 6. März, "Hamburger
Abendblatt": Die Chefredakteure von
sechs Zeitungen und Zeitschriften gehen gemeinsam gegen den
Ausschluß von Journalisten von Auslandsreisen des Bundeskanzlers
vor. In dem am Freitag veröffentlichten Schreiben an den
Vorsitzenden der Bundespressekonferenz (BPK) in Berlin, Werner
Gößling, bitten die Chefredakteure von "stern" (Thomas Osterkorn,
Andreas Petzold, Hans-Ulrich Jörges), "Bild" (Kai Diekmann),
"Tagesspiegel" (Giovanni di Lorenzo), "Berliner Zeitung" (Uwe
Vorkötter), "Financial Times Deutschland" (Christoph Keese) und
"Tageszeitung" (Bascha Mika), den Vorgang in der
Bundespressekonferenz zu thematisieren und Regierungssprecher Béla
Anda aufzufordern, "seine Boykottpolitik umgehend zu beenden". Andas
Vorgehen sei ein "nicht ungefährliches Präjudiz". Was Journalisten
von "stern" und "Bild" geschehen sei, könne "jedem anderen
Journalisten im Falle mißliebiger Berichterstattung ebenfalls
passieren". Anda wies die Kritik entschieden zurück. |
KONKRET Text 37
KONKRET Text 36
Literatur Konkret Nr. 28
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